Montag, 27. Dezember 2010

Kreativität statt Beton

Leserbrief von Eckehard Niemann zum Artikel der Allgemeinen Zeitung „Das schönste Expo-Projekt“. Tenor: Die Region braucht Kreativität, nicht Beton!
Anlässlich des 10. Geburtstages des Hundertwasser-Bahnhofs: Hier haben drei kreative und mutige Leute eine Sehenswürdigkeit und einen angenehmen Platz für Uelzen geschaffen, der viele Touristen anzieht und deshalb auch für die Wirtschaft unserer Region wichtig ist. Es gibt noch mehrere solcher Arbeitsplatz- Erfolgsgeschichten im Landkreis Uelzen: eine große Biobäckerei in Bohlsen, ein Versand von angesagten Textilien in Velgen, eine beispielhafte Produktionsschule in Woltersburg, ein Netzwerk von regional überdurchschnittlich vielen Biobauern, ein pfiffiger Eventmanager und seine überregional bedeutsamen Musik-Konzerte, und und und. Diese kreativen Querdenker und Macher sind unsere wichtigsten Standortfaktoren, neben und auf Grundlage einer gut strukturierten Landwirtschaft und Ernährungswirtschaft und dem Gesundheits- und Kur-Tourismus. Im Kreis Uelzen gibt es noch wirkliches „Land“ und echte Dörfer, die Verbindung beharrlich Hiergebliebener mit regionsoffenen Zuzüglern – daraus kann noch sehr viel mehr Kreativ-Erfolgreich-Wirtschaftliches entstehen, auch als „weicher Standortfaktor“. Man muss das nur sehen und würdigen und fördern – statt platt auf überholte Rezepte zu setzen, auf die nie kommende A 39 und die nie kommende große Industrie-Ansiedlung von außerhalb zu starren und zu warten...Wir brauchen endlich auch einen Landrat, der all das versteht und umsetzt... Quelle: Eckehard Niemann

Schlimmer geht es nicht mehr!

Kommentar von Thilo Clavin zum Vorhaben, die Trasse der geplanten A 39 bei Barendorf um rund 400 Meter zu verschwenken. Diese Pläne der Straßenbaubehörde waren vergangene Woche bekannt geworden.
Schlimmer geht es aus Naturschutzsicht gar nicht mehr! Ursprünglich sollte die umweltverträglichste Variante umgesetzt werden (A 39 entlang des Elbe-Seitenkanals), also eine Trassenbündelung (Kanal und Autobahn nebeneinander), um keine neue Schneise in die Landschaft zu schlagen. Diese Katastrophen-Variante würde eine kilometerlange, weite Kurve mitten durch die ausgedehnten Wälder östlich des Kanals bedeuten (zwischen Wendisch Evern und Barendorf hindurch, an Vastorf und Gifkendorf vorbei bis runter nach Wulfstorf). Diese stillen und abgelegenen Wälder mit ihrem hohen Eichen- und Buchenanteil haben eine sehr hohe Artenvielfalt (Tiere und Pflanzen) und auch der Naherholungswert ist unersetzlich, ebenso wie die Natur- und Klimaschutzfunktion. Wird dann, wie bei Barendorf geplant, zusätzlich eine riesige Fläche im Wald für ca. 150 Parkplätze (davon die meisten für Lkw) und sanitäre Anlagen kahlgeschlagen, wäre das der umweltpolitische Supergau! Man kann ohne Übertreibung sagen, dass die Umsetzung dieser Pläne die größte Naturzerstörung aller Zeiten in unserer Region wäre! Ich kenne die Gegend: Steht man dort im Wald, hört nur Vogelstimmen und Blätterrauschen und malt sich dann diese Pläne aus: Eine Horrorvorstellung! Den Planern muss man vorwerfen, klima-, umwelt- und naturschutzrechtliche Belange mit Füßen zu treten, diese Leute haben gar nichts gelernt! Jahrelang sind wir belogen worden, in allen Verhandlungen wurde immer beteuert (und die Trasse war ja schon festgelegt!), dass die A 39 am Elbe-Seiten-Kanal entlang führt. Jetzt plötzlich diese Kehrtwendung! Die Aussage der Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr im Hamburger Abendblatt "Bei Abwägung aller Kriterien (Mensch, Umwelt usw.) habe sich eine um bis zu 400 Meter nach Osten verlegte Trasse als die am besten geeignete erwiesen" ist eine bodenlose Frechheit! Die Planer dieser Autobahn selbst waren nie vor Ort und machen sich nicht die Mühe, diese Wälder einmal anzusehen. Warum auch, es interessiert sie sowieso alles nicht!
Wenn diese Autobahn zwischen Lüneburg und Wolfsburg wirklich irgendwann gebaut werden sollte, müssen wir das - wohl oder übel - akzeptieren. Was wir nicht akzeptieren, sind Lügen, Täuschungsmanöver, gezielte Fehlinformationen und erhebliche Trassenabweichungen zu Lasten der Natur im letzten Augenblick.
Ich habe mich bereits mit dem BUND-Landesverband in Verbindung gesetzt, voraussichtlich werden wir zwei Änderungen verlangen:

1) Die A 39 soll - ohne Verschwenkung der Trasse in die Wälder nach Osten - möglichst direkt am Elbe-Seitenkanal verlaufen.

2) Der geplante große Parkplatz für Lkw und Pkw soll - statt mitten in der Natur östlich der Stadt - wenige Kilometer weiter westlich im Lüneburger Gewerbegebiet "Bilmer Berg" gebaut werden (das von der A 39 durchquert werden soll). Dort sind ohnehin schon Gewerbebetriebe ansässig (weitere sollen folgen) und ein solcher Parkplatz wäre dort kein empfindlicher Eingriff in die freie Natur).

Nach Ansicht des BUND sind diese Änderungen durchaus zumutbar und realisierbar. Die von der Behörde für Straßenbau und Verkehr beabsichtigte Kosteneinsparung durch die veränderte A 39-Kanalquerung dürfte durch den sich anschließenden weiten Bogen der A 39 nach Osten (und die folglich längere Trasse) sowieso - wenn überhaupt - nur gering sein. Die gegenwärtigen Planungen verstoßen auch gravierend gegen Gesetze und Verordnungen (z. B.: Bei Baumaßnahmen sind Eingriffe in die Natur möglichst gering zu halten). Quelle: BUND Regionalverband Elbe-Heide, Lüneburg

Schwabenstreiche gegen A 39

Ursprünglich als Protestaktion gegen das Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 ins Leben gerufen, möchte Gernot Schulz die regelmäßigen Schwabenstreiche nun auch als Demo gegen die A 39 einsetzen.

Er möchte den hiesigen, neuen Schwabenstreich ab dem 3. Januar 2011 in Lüneburg, Uelzen, Gifhorn und Wolfsburg entlang der Trasse der A 39 jeden Montag durchführen und bittet um Hilfe und Unterstützung. Der Schwabenstreich soll danach jeden Montag zur gleichen Zeit durchgeführt werden. Weitere Informationen gibt es hier. Quelle: Gernot Schulz


Seit dem 28. Juli 2010 wird der Begriff auch für eine Protestaktion gegen Stuttgart 21 verwendet. Die Aktion wurde von Walter Sittler und Volker Lösch auf dem Stuttgarter Marktplatz bei einer Demonstration gegen Stuttgart 21 initiiert. Alle, die sich am Schwabenstreich beteiligen, sollen jeweils um 19:00 Uhr, wo immer sie sich auch gerade befinden, für eine Minute „infernalisch laut sein“.

Dienstag, 21. Dezember 2010

Wahlkampf-Getöse

Leserbrief von Eckehard Niemann zu den Äußerungen vom Bewerber für das Amt des Uelzener Landrats, Jürgen Krumböhmer, in der Allgemeinen Zeitung. Tenor: Viel Lärm für Wahlkampf.
Wenn man als SPD-Landratskandidat von außerhalb kommt, sollte man sich erst einmal gründlich über Probleme, Stärken und konkrete Lösungsansätze vor Ort informieren. Aber es liegt wohl am Zeitmangel, dass Herr Krumböhmer nur die eigentlich überall passende Floskel von der „Strukturschwäche“ der Region verwendet und gleich passend dazu zu die Lösungs-Behauptung fast aller ideenloser Politiker, sprich: „neue Dynamik durch den Bau der A 39“. Ganz abgesehen davon, dass die A 39 mangels Lobby und Finanzen zwar zu Ende geplant aber danach vermutlich nie gebaut wird – alle Gutachten beweisen, dass Autobahnen weder die regionale Wirtschaft noch die Arbeitsplätze fördern. Dabei offenbart die geplante A 39 immer mehr Probleme, je konkreter die Planungen werden: Die A 39 nebst Rastanlagen und Ausgleichsmaßnahmen und die drohenden Flurbereinigungen bedrohen die Existenz vieler Landwirtschaftsbetriebe. Die theoretischen Schalluntersuchungen lassen vermuten, dass die Lärmbelastungs-Grenzen vieler Orte nur knapp oder evt. auch gar nicht eingehalten werden. Dabei rechnet man beschönigend nur Misch-Windformen ein, wie auch überhaupt nur tägliche Durchschnittswerte berechnet werden (die Spitzenwerte werden so ausgeblendet).
Die Auswirkungen der A 39 auf die vielen bedrohten Tiere, Pflanzen und Biotope sind noch nicht ermittelt. Insbesondere das Problem der Durchschneidung der hochgeschützten Ortolan-Vorkommen scheint unlösbar, weil es dafür einfach keine praktikablen Ausgleichsmaßnahmen gibt (außer der Stilllegung riesiger Acker-Areale).
Bei der Gemeinde Römstedt, deren Ratsmehrheit ja immer für die A 39 plädierte, führt die Autobahn nun nicht mehr am Waldrand entlang, sondern mehrere hundert Meter östlich in Richtung Dorf, quer durch die Ackerflächen. Auch die vom Bundesumweltministerium geforderte alternative Trassenuntersuchung östlich des FFH-Gebiets Ilmenau ist noch ungewiss. Der vom Ministerium geforderte Wegfall der Querspange Salzwedel-Bodenteich zugunsten eines B-71-Ausbaus würde südlich von Uelzen alle Verkehrsprognosen ad absurdum führen.
Eine Arbeitsgruppe Vernetzung untersucht derzeit die großflächigen Sperr-Wirkungen der A 39 auf den Wechsel von Hirschen, Wölfen, Ottern, Fledermäusen und Amphibien. Aber nicht etwa ergebnisoffen hinsichtlich der evt. Folgen der A 39 – die Arbeitsgruppe soll lediglich die offensichtlich dramatischen Folgen durch Vorschläge für einige Wildbrücken reduzieren. Dabei ist die Wirksamkeit solcher Brücken ohnehin höchst umstritten.
Zwischen A 39 und Elbe-Seiten-Kanal soll es eine „Ruhe- oder Pufferzone“ von 100 Metern geben, die es angeblich den Tieren erleichtern soll, diese zweite Barriere zu überwinden. Dann müsste der Fußgänger- und Radverkehr entlang des Elbe-Seiten-Kanals unterbunden werden...
Aber, lieber Herr Krumböhmer, lassen Sie sich bitte durch unsere Probleme nicht bei Ihrem Wahlkampf-Getöse stören... Quelle: Leserbrief von Eckehard Niemann in der AZ

Freitag, 17. Dezember 2010

Bericht der Gutachter

Am 15. Dezember gab es in Lüneburg die sogenannte "1. Arbeitskreissitzung" zum A 39-Abschnitt 2 zwischen Lüneburg und Bad Bevensen, bei der die Vertreter und beauftragten Gutachter über den Planungsstand berichteten. Die vielen Seiten der Tischvorlage kann man auch im Internet einsehen.
Bei Barendorf schwenkt die A 39 näher an den Ort heran, um so Kosten bei der Querung des Kanals zu sparen. Südwestlich von Barendorf plant man beiderseits eine Park- und WC-Anlage für jeweils 50 LKW und 20 PKW.
Westlich von Solchstorf plant man an der Ostseite eine Park- und Rastanlage für 200 LKW ud 70 PKW, an der Westseite eine Park- und WC-Anlage für 50 LKW und 15 PKW.
Die Planung für den nachfolgenden 3. Abschnitt (Ilmenautal und Nebenbäche südlich von Bad Bevensen) ist noch nicht fertig, weil das Bundesumweltministerium dort die Planung einer Alternative verlangt hat (östlich vom FFH-Gebiet). Die Arbeitsgruppe dazu wird im 1. Quartal 2011 einerufen. Die Schalluntersuchungen sind - wie bekannt - nur theoretischer Natur und beziehen sich nur darauf, ob allein die A 39 die Lärm-Grenzwerte einhalten würde. Wenn es bei der Aufsummierung von anderen vorhandenen Lärmquellen (Durchfahrtstraßen) plus A 39 zu einer Überschreitung der Grenzwerte komme, sei das hinzunehmen. Die Lärmauswirkungen der Abfahrten und der Rastplätze sind überhaupt noch nicht untersucht. Windrichtungen spielen keine Rolle, weil eine Misch-Windform angenommen wird, wie auch überhaupt nur tägliche Durchschnittswerte berechnet werden (die Spitzenwerte werden so ausgeblendet). Neue Verkehrszahlen wurden noch nicht angegeben.
Die Auswirkungen der A 39 auf die vielen bedrohten und erfassten Tiere, Pflanzen und Biotope sind noch nicht ermittelt. Römstedt ist höchst erbost, dass man - trotz vorheriger Zustimmung des Rates zur A 39 - die Autobahn nun nicht mehr am Waldrand entlang führt, sondern mehrere hundert Meter östlich in Richtung Dorf, quer durch die Ackerflächen. Ursache dafür ist ein Amphibienvorkommen. Jan Willcox (BUND) verwies auf etliche noch ungeklärte Fragen und forderte an kritischen Punkten die Aufständerung der A 39 über sensiblen Niederungsgebieten
Eine Arbeitsgruppe Vernetzung untersucht die großflächigen Sperr-Wirkungen der A 39 auf den Wechsel von Hirschen, Wölfen, Ottern, Fledermäusen und Amphibien. Auf Nachfrage gab Herr Möller zu, dass diese Arbeitsgruppe nicht ergebnisoffen die evt. Folgen der A 39 untersuche, sondern dass der Auftrag darauf beschränkt sei, bei feststehender A 39 die Folgen durch Wildbrücken zu minimieren. Dabei ist die Wirksamkeit solcher Brücken höchst umstritten... Zwischen A 39 und Elbe-Seiten-Kanal liegt eine "Ruhe- oder Pufferzone" von 100 Metern, die es angeblich den Tieren erleichtern soll, diese zweite Barriere zu überwinden. Dies würde bedeuten, dass der Fußgänger- und Radverkehr entlang des Elbe-Seiten-Kanals unterbunden werden müsste (das Straßenverkehrsamt wies darauf hin, dass solche Verkehre ohnehin nicht erlaubt seien).
Die NLG kauft angeblich schon Land und Höfe entlang der Trasse. Auf Anfrage betonte Herr Möller, seine Behörde habe dies nicht veranlasst. Bei den Kaufpreisen sei man an die relativ niedrigen Bodenrichtwerte gebunden.
Der Beginn des Planfeststellungsverfahrens müsse nicht im Jahr 2011 liegen, man werde aber dennoch das Planund-Endzieljahr 2013 einhalten können, so Herr Möller auf direkte Nachfrage.
Erfreulicherweise gab es zwei Wortmeldungen von Vertretern des BUND Uelzen, die auf die mögliche Verhinderung der ganzen A 39 hinwiesen. Quelle: Eckehard Niemann

Mobilität wird anders!

Es lohnt sich, die Frage zu stellen nach dem „Ob“ und dem „Wozu“ der A 39. Es gibt eine ganze Reihe von Fakten, und die lassen dem klar denkenden Menschen das Lachen im Halse stecken. Ein Kommentar von Andreas Conradt.
Dieser Tage wurde mit großem Medienrummel bekanntgegeben, wo entlang der geplanten A 39 zwischen Lüneburg und Wolfsburg die neuen Parkplätze und Rastanlagen entstehen könnten. Bürgermeister an der geplanten Trasse waren erfreut oder enttäuscht – je nach dem, ob sie sich von der nahegelegenen Raststätte Profit versprechen oder „leer“ ausgegangen sind. Dem unbedarften Leser mag es dabei so vorgekommen sein, als ob es nur noch um das „Wann“ und „Wie“ der Autobahn und der Tankstellen ginge. Es lohnt sich aber nach wie vor, die Frage zu stellen nach dem „Ob“ und dem „Wozu“. Aller semantischer Kunstgriffe medienwirksamen Neu-Sprechs zum Trotz gibt es nämlich noch eine ganze Reihe von schnöden Fakten, und die lassen dem klar denkenden Menschen ohne werbe- und politikervernebeltem Hirn das Lachen im Halse stecken.
Noch ist nämlich völlig unklar, ob diese Autobahn tatsächlich jemals gebaut wird. Wirtschaftsboom hin, Exportweltmeister her – die Schuldenlast von Bund, Land, Kreis und Kommune ist so groß wie noch nie seit Bestehen der Republik. Wenn jetzt von einer Aufhellung des Wirtschaftsklimas gesprochen wird, dann heißt das im Klartext, dass die Lage allerorten nicht gar so dramatisch ausfällt, wie ursprünglich angenommen, - aber dramatisch bleibt sie trotzdem. Irgendwie kommt hier die Sprache nicht mehr mit. Welcher Superlativ ist geeignet, die desaströse Finanzlage dieses Landes zu beschreiben, wenn schon zehn Zentimeter Neuschnee als „dramatische Wetterlage“ bezeichnet werden, die das Land „ins Chaos“ stürzen? Aber das nur am Rande. Halten wir fest: Eigentlich ist das Geld nicht da! Nicht für die A 39 und nicht für die A 14. Nicht für die A 20 und nicht für die A 21. Wer das Geld dafür trotzdem bereitstellt, versündigt sich, greift in die Kasse und gehört bestraft.
Aus finanziellen Gründen ist die A 39 also eigentlich gestorben. Aus ökologischen Gründen ist sie das auch, doch darauf will ich hier ausnahmsweise mal nicht eingehen. Vielleicht später einmal.
Vielmehr möchte ich mich dem „Wozu“ zuwenden: Der Autohersteller Audi hat kürzlich zum ersten Mal den „Urban Future Award“ ausgelobt. Die Ergebnisse sind für die Autoindustrie alarmierend: Der Autoverkehr, wie wir ihn heute kennen, ist ein Auslaufmodell. Als Lösung zukünftiger Mobilitätsanforderungen taugt er kaum, schon wegen seines Ressourcenverbrauchs. Stattdessen werden Fußgängerzonen und öffentliche Verkehrsträger an Bedeutung gewinnen. Nur wenn sich das Auto vernetzt und beispielsweise Teil einer öffentlichen Car-Sharing-Flotte wird, hat es eine Zukunft. Damit begäben sich die Autohersteller auf ein Feld, auf dem bislang ganz andere unterwegs sind: Autovermieter, Handybetreiber, Stadtwerke. Das ist beileibe kein Science Fiction: Die maßgeschneiderten Angebote zur Mobilität gewinnen an Bedeutung, heißt es in den Think-Tanks der Industrie. Schon jetzt testet Daimler in Ulm das Car-Sharing, BMW geht eine ganz enge Partnerschaft mit Sixt ein. Abgesehen von China, sinkt zudem weltweit die Lust am Autofahren. 1998 besaßen noch 90 Prozent der 18- bis 25-Jährigen in Deutschland einen Führerschein, 2008 waren es nur noch 75,5 Prozent. Und auch als Statussymbol hat das Auto weitgehend ausgedient – bei jungen Leuten steht das jeweils jüngste Smartphone weit höher im Kurs.
Halten wir auch hier fest: Nach Abschluss aller Planungen, nach dem Durchstehen aller Gerichtsverfahren und nach jahrerlanger Bauzeit könnte die A 39 – Finanzmittel vorausgesetzt, siehe oben – vielleicht 2025 für den Verkehr freigegeben werden. Just zu einer Zeit also, in der individueller Personenverkehr für die Menschen viel unattraktiver als heute und zudem in Städten kaum noch erlaubt sein wird. Just zu einer Zeit, in der Mobilität deutlich teurer sein wird als heute und Öl kaum noch bezahlbar. Just zu einer Zeit, in der immer mehr ältere kaum noch und immer weniger jüngere Menschen immer weniger Kilometer fahren werden. Bei einer solchen Prognose muss doch zumindest die Frage erlaubt sein: Was soll der ganze Wirbel um die Autobahn? Eigentlich muss sogar der Appell an die Politik erlaubt sein: Lasst das um Gottes Willen sein!
Und macht Euch keine Sorgen um des Deutschen liebstes Kind, um die Autoindustrie und ihre Jobs. Die Deutschen werden 2025 ein anderes Spielzeug haben – und die Autoindustrie ist der Politik schon jetzt um Lichtjahre voraus. Letztere täte gut daran, die Zeichen der Zeit zu erkennen und vorausschauend zu planen. Wir Bürger sollten das von ihr verlangen. Quelle: Andreas Conradt