Dienstag, 20. Mai 2014

Was jetzt zu fordern wäre

Erwiderung der "Interessengemienschaft Landverlust A 39" auf den Leserbrief von Dr. Jochen Springer, Vorsitzender der Bürgerinitiative „Pro A 39", in der Uelzener Allgemeinen Zeitung.
Sollte die geplante A 39 zwischen Lüneburg und Wolfsburg verwirklicht werden, geht landwirtschaftliche Nutzfläche in erheblichem Umfang verloren: Der 105 Kilometer langen Strecke würden 650 Hektar für die Trasse und weitere 1500 Hektar für Kompensationsmaßnahmen zum Opfer fallen. Darauf weist die Interessengemeinschaft (IG) „Landverlust A 39" hin. Dieser Verbrauch gefährde bei einigen der landwirtschaftlichen Familienbetriebe die Existenz; landwirtschaftliche Mitarbeiter müssten entlassen werden, nachgelagerte Betriebe verlören an Ertragskraft.
Die A 39 führt durch die ackerbaulich intensiv bewirtschafteten Landkreise Lüneburg, Uelzen und Gifhorn, ein Hauptanbaugebiet für Zuckerrüben und Kartoffeln. Grundlage der Bewirtschaftung ist die Feldberegnung. Die IG weist darauf hin, dass es bis heute völlig offen sei, wie die Beregnung während und nach der Bauphase gesichert werden solle. Lösungsansätze seien nicht in Sicht.
Die geplante Autobahntrasse verläuft auf einer Strecke von 40 Kilometer parallel zum Elbe-Seiten-Kanal. Die verbleibende Fläche zwischen Kanal und Trasse sei kaum sinnvoll zu bewirtschaften, so die IG, denn es entstünden unverhältnismäßig hohe Kosten. Auch seien die Fragen des Wildwechsels und der Vernetzung trotz geplanter Grünbrücken ungelöst.
Das gelte auch für die Frage der Entschädigung für den Landverlust. Die derzeitigen Entschädigungssätze lägen weit unter den derzeitigen Marktpreisen; verlorene Wirtschaftsflächen seien anderweitig nicht wieder zu beschaffen.
"Wer rechnen kann", so die IG, "erkennt sofort, bei welchem Verkehrsprojekt der Landverlust geringer ist, bei einer Ertüchtigung der B 4, oder beim Neubau einer Autobahn. Wer rechnen kann, erkennt auch sofort, welche der beiden alternativen Baumaßnahmen die teurere werden würde." Bei der vorläufigen Kostenschätzung für die Autobahn in Höhe von 1,1 Milliarden Euro seien Landkauf, Anschluss an das untere Wegenetz, passiver Lärmschutz und Flurbereinigung in den Kosten nicht enthalten. Wer die vorgesehenen Trassenverläufe kenne, wisse sofort, bei welchem mehr Ökosubstanz vernutzt und verhunzt würde.
"Wer also politisches und ökonomisches Gespür hat, weiß, was heute zu fordern wäre. Bestimmt kein Bau der A 39." Quelle: Interessengemeinschaft Landverlust A 39

Montag, 19. Mai 2014

Reine Panik

Auf die Kostenschätzungen der Straßenbaubehörde für einen Ausbau der B 4 alternativ zum Bau der A 39 reagieren die Befürworter der Autobahn mit einer Lügenkampagne.
Auf die Feststellung der niedersächsischen Straßenbaubehörde, der zufolge ein Ausbau der B 4 nicht einmal ein Viertel der Kosten verursachen würde, die die Behörde für den Bau der A 39 veranschlagt hat, haben die Befürworter der Autobahn mit einer öffentlichen Lügenkampagne reagiert. In mehreren Zuschriften an regionale Medien, darunter ein Statement des Vorsitzenden des Vereins „Pro A 39“, behaupten sie unter anderem:

- Die A 39 sei „baureif“ durchgeplant und schon deshalb dem alternativen Ausbau der B 4 vorzuziehen.

- Die von der Straßenbaubehörde angegebenen Kosten eines B-4-Ausbaus mit Ortsumfahrungen seien unrealistisch und würden sich schrittweise den Kosten der A 39 anpassen. Diese werden als insoweit korrekt unterstellt.

- Die Trasse eines alternativen B-4-Ausbaus würde von Lüneburg bis Braunschweig reichen und, wenn man die Kosten der dreispurigen Kirchweyher Umfahrung zugrunde legt, mindestens 536 Millionen Euro kosten.

- Der alternative Ausbau der B 4 würde Gifhorn Süd und Meine tangieren und insgesamt das Ökosystem verhunzen.

Diese Behauptungen sind falsch. Der Dachverband „Keine A 39“ stellt, der Reihe nach, zu ihnen fest:

- Baureif ist ein Projekt, wenn es planfestgestellt worden ist. Für keinen der 7 Abschnitte der geplanten A 39 aber gibt es einen Planfeststellungsbeschluss. Lediglich für den ersten Bauabschnitt (Lüneburg) läuft überhaupt ein Planfeststellungsverfahren. Dessen Ende ist nicht absehbar. In allen übrigen Bauabschnitten hat man mit dem Planfeststellungsverfahren noch nicht einmal begonnen. Von „Baureife“ der A 39 kann also auf Jahre hinaus keine Rede sein.

- Die Kostenschätzungen für einen Ausbau der B 4 werden von der gleichen Planungsbehörde vorgenommen, die auch die Kosten für den Bau der A 39 veranschlagt. Die Grundlagen für solche Kostenschätzungen sind für Bundesfernstraßen klar geregelt. Unterschiedliche Kostenentwicklung zwischen B-4-Alternative und A-39-Bau zu erwarten, ist grober Unfug, da beide auf den gleichen Faktoren basieren. Wird die B 4 teurer, verteuert sich auch die A 39.

- Die Trasse der alternativ zur A 39 dreispurig auszubauenden B 4 reicht von südlich Lüneburg (Anschluss B 209) bis nördlich Gifhorn (Anschluss B 188). So ist es für jeden nachlesbar in den Anmeldungen des Landes für den neuen Bundesverkehrswegeplan (BVWP) verzeichnet. Dies entspricht, sieht man vom bereits vierspurigen Teilstück der Lüneburger Umfahrung ab, dem Verlauf der geplanten A 39. Sie trifft bei Weyhausen auf eine bereits fertige Autobahn. Insgesamt wäre die alternativ ausgebaute B 4 ca. 32 km kürzer als die geplante A 39; ihre Trassenlänge betrüge ca. 72 km, während die A 39 etwa 105 km lang wäre. Der darüber hinaus für den BVWP angemeldete vierspurige Ausbau der B 4 von Gifhorn bis nach Braunschweig ist ein eigenständiges Projekt und nicht Teil der B-4-Alternative. Legt man die Kosten der komplett neuen dreispurigen Kirchweyher Ortsumfahrung zugrunde (einschließlich der Kosten für den nötigen Landkauf), ergeben sich für die Gesamtstrecke der auszubauenden B-4-Alternativstrecke nicht etwa, wie in der „AZ“ behauptet, 536, sondern ca. 305 Millionen Euro. Eine Zahl, die überhöht ist, weil lediglich die geplanten Ortsumfahrungen komplett neu gebaut werden würden. Damit liegt auf der Hand, dass die zurzeit angenommenen 248 Millionen Euro für den B-4-Ausbau durchaus realistisch sind – sie betrügen nicht einmal ein Viertel der für den Bau der A 39 zurzeit veranschlagten 1,1 Milliarden Euro.

- Gifhorn Süd und Meine liegen nicht an der B-4-Alternativstrecke. Dass im übrigen der Anbau einer Fahrspur an eine bestehende Straße und die für eine effektive Entlastung der Anwohner dringend notwendigen Ortsumfahrungen „das Ökosystem verhunzen“ würden, wie der Vorsitzende des Vereins „Pro A 39“behauptet, ist schon deswegen ein schlechter Witz, weil eine Autobahn das Ökosystem in ungleich höherem Maße beeinträchtigen würde. Das nicht sehen zu wollen ist Zeichen einer schweren Realitätsblindheit. Quelle: Dachverband KEINE! A39

Samstag, 17. Mai 2014

Besucherboom widerlegt Thesen der IHK

Die Behauptung der Autobahnbefürworter, Bad Bevensen brauche die Autobahn, um zu wachsen, wird von der aktuellen Entwicklung der Gästezahlen klar widerlegt. Im ersten Quartal 2014 stiegen die Gästezahlen in der Kurstadt um 15 Prozent.
Der Zuwachs ist stark, auch wenn es in der Kurstadt noch Streit um die genauen Zahlen gibt. So würde die Erfolgsmeldung kleiner ausfallen, wenn die Bildungseinrichtungen unberücksichtigt blieben, und größer, wenn das Parkhotel bereits wieder in Betrieb wäre. Unterm Strich bleibt die Tatsache, dass für eine Kurstadt die Autobahn nicht der entscheidende Faktor ist. Bad Bevensen legt zu, weil sich die Stadt modernisiert und auf den Trend zum Kurzurlaub einstellt.
Der Gästeboom in Bad Bevensen steht in krassem Widerspruch zu der These der Industrie- und Handelskammer Lüneburg-Wolfsburg, die Kurorten ohne Autobahnanschluss in unmittelbarer Nähe Stagnation vorhersagt. Seine These stützt Hauptgeschäftsführer Zeinert auf eine „Kurzanalyse“. Auf Nachfrage kann die IHK aber weder eine solche „Kurzanalyse“ noch andere Studien zum Thema oder sonstige Berechnungsgrundlagen nennen. Sie verweist lediglich auf das Papier der Schweizer Beratungsgesellschaft progtrans, die eine „Gutachten“ genannte Argumentationshilfe für die IHK zusammengestellt hat. Die Autoren verweisen in dem Papier aber ausdrücklich darauf, dass sie selbst keine eigenen Untersuchungen angestellt haben. So sucht man auch in den 12-Zeilen-Abschnitt zu den Kurstädten vergebens nach Zahlen und Belegen für die Behauptung, dass Kurorte auf Autobahnen angewiesen seien. Man findet lediglich den Verweis auf eine „überschlägige Berechnung“. Den Autoren ist offenbar klar, auf welch wackligem Grund ihre These steht. Denn sie fügen hinzu, dass eine zu geringe Entfernung von einer Autobahn die Nachfrage in Kurorten sinken lassen kann, weil Urlauber weder Lärm noch Landschaftszerschneidung schätzen. Dieser Hinweis fehlt in der Pressemeldung der IHK. Wohl nicht ohne Grund, denn für die Kurstadt Bad Bevensen ist genau das das große Problem der geplanten A39. Der Verkehr, der dann durch die Stadt fließen würde, könnte sogar ihren Status als Luftkurort gefährden. Quelle: Dachverband KEINE! A39

Freitag, 9. Mai 2014

... keine zusätzlichen Arbeitsplätze

Interview mit Dr. Matthias Gather, Dekan des Fachbereiches Verkehrs- und Transportwesen und Professor für das Fachgebiet Verkehrspolitik und Raumplanung an der Fachhochschule Erfurt.

Frage: Sie haben Zusammenhänge zwischen dem Bau von Autobahnen und der Schaffung von Arbeitsplätzen bzw. der regionalen wirtschaftlichen Entwicklung untersucht. Könnten Sie die Ergebnisse in drei Sätzen zusammenfassen?

In den alten Bundesländern herrscht unter den Raumplanern schon seit einigen Jahren Einigkeit, dass die regionalwirtschaftlichen Effekte von weiteren Autobahnen kaum nachweisbar sind. Insbesondere in strukturschwachen Räumen entstehen mit dem Bau von Autobahnen keine zusätzlichen Arbeitsplätze. Aus meinen aktuellen Studien, aber auch aus denen vieler Kollegen, lassen sich diesbezüglich keine Zusammenhänge ableiten. In strukturschwachen Räumen, so haben die Analysen gezeigt, wirken sich Autobahnen tendenziell positiv auf die Produktivitätsentwicklung aus. Zusätzliche Arbeitsplätze entstehen jedoch nicht.

F.: Welche Faktoren haben sich im Rahmen Ihrer Untersuchung als für die regionale Entwicklung entscheidend herauskrist
"... keine zusätzlichen Arbeitsplätze"

Interview mit Dr. Matthias Gather, Dekan des Fachbereiches Verkehrs- und Transportwesen und Professor für das Fachgebiet Verkehrspolitik und Raumplanung an der Fachhochschule Erfurt.

Frage: Sie haben Zusammenhänge zwischen dem Bau von Autobahnen und der Schaffung von Arbeitsplätzen bzw. der regionalen wirtschaftlichen Entwicklung untersucht. Könnten Sie die Ergebnisse in drei Sätzen zusammenfassen?

In den alten Bundesländern herrscht unter den Raumplanern schon seit einigen Jahren Einigkeit, dass die regionalwirtschaftlichen Effekte von weiteren Autobahnen kaum nachweisbar sind. Insbesondere in strukturschwachen Räumen entstehen mit dem Bau von Autobahnen keine zusätzlichen Arbeitsplätze. Aus meinen aktuellen Studien, aber auch aus denen vieler Kollegen, lassen sich diesbezüglich keine Zusammenhänge ableiten. In strukturschwachen Räumen, so haben die Analysen gezeigt, wirken sich Autobahnen tendenziell positiv auf die Produktivitätsentwicklung aus. Zusätzliche Arbeitsplätze entstehen jedoch nicht.

F.: Welche Faktoren haben sich im Rahmen Ihrer Untersuchung als für die regionale Entwicklung entscheidend herauskristallisiert?

Der Autobahnbau allein bewirkt kein dauerhaftes Wachstum in der Fläche, sondern vor allem Umstrukturierungen in den betroffenen Regionen. Für die Ansiedlung von Unternehmen ist die Nähe zu den Agglomerationskernen entscheidend. Wachstumsbranchen wie die Automobilindustrie, Kommunikation, Online-Handel oder neue Dienstleister ziehen nicht irgendwo auf die grüne Wiese am Betonband, sondern in die Nähe der Absatzzentren. Darüber hinaus locken vor der Infrastrukturausstattung vor allem andere Faktoren wie etwa das Arbeitskräfte- und Bildungspotential, Lohnniveau oder Förderquoten. Die Entscheidungen von Porsche und BMW für Leipzig sind klassische Beispiele dafür.

F.: Welche Perspektiven ergeben sich für die regionale Wirtschaft in einem ländlichen Raum durch den Bau von Autobahnen?

In erster Linie kommt es zu einer stärkeren Differenzierung in den Regionen. Heimische Unternehmen ziehen, wenn sie darin einen Vorteil erkennen, aus dem Hinterland an die Autobahn. Ein Nettoüberschuss an Investitionen ist für größere Gebiete um die Fernstraßen aber nicht nachweisbar. Von Ausnahmen abgesehen, ergibt sich auch bei der Beschäftigung ein Nullsummenspiel: Statt Zuzügen von Unternehmen dominieren Umzüge.
Es ist eine Chimäre zu glauben, mit dem Bau der Autobahn siedeln sich externe Unternehmen an. In den autobahnerschlossenen Regionen werden die Unternehmen und Beschäftigten stattdessen einem verstärkten Wettbewerb ausgesetzt, von dem starke Unternehmen profitieren können, schwache aber in ihrer Existenz bedroht werden.
Wachstum muss aus der Region kommen, nicht in die Region.

F.: Sie verweisen auf Studien der vergangenen zwei Jahrzehnte, die Ihre Ergebnisse mehrheitlich stützen. Worauf gründen die politischen Entscheidungen für einen weiteren Ausbau des Autobahnnetzes in Deutschland?

Da werden einige hundert Millionen Euro investiert, mit sehr hohen kurzfristigen Effekten für die örtliche Bauindustrie. Diese Wirkung ist unbestritten.
Hinsichtlich der Langfrist-Effekte geht es aber auch um einen Placebo-Effekt. Die IHKs fordern: "Tut was für uns". Und die Politik weiß keinen anderen Rat, als in die Straßeninfrastruktur zu investieren, um wirtschaftliche Probleme in den Regionen zu lösen. Irgendwann ist die Autobahn fertig, doch die meisten Strukturprobleme hat man dadurch nicht behoben. Die Politiker brauchen sich aber zumindest nicht mehr vorwerfen zu lassen, untätig gewesen zu sein.
allisiert?

Der Autobahnbau allein bewirkt kein dauerhaftes Wachstum in der Fläche, sondern vor allem Umstrukturierungen in den betroffenen Regionen. Für die Ansiedlung von Unternehmen ist die Nähe zu den Agglomerationskernen entscheidend. Wachstumsbranchen wie die Automobilindustrie, Kommunikation, Online-Handel oder neue Dienstleister ziehen nicht irgendwo auf die grüne Wiese am Betonband, sondern in die Nähe der Absatzzentren. Darüber hinaus locken vor der Infrastrukturausstattung vor allem andere Faktoren wie etwa das Arbeitskräfte- und Bildungspotential, Lohnniveau oder Förderquoten. Die Entscheidungen von Porsche und BMW für Leipzig sind klassische Beispiele dafür.

F.: Welche Perspektiven ergeben sich für die regionale Wirtschaft in einem ländlichen Raum durch den Bau von Autobahnen?

In erster Linie kommt es zu einer stärkeren Differenzierung in den Regionen. Heimische Unternehmen ziehen, wenn sie darin einen Vorteil erkennen, aus dem Hinterland an die Autobahn. Ein Nettoüberschuss an Investitionen ist für größere Gebiete um die Fernstraßen aber nicht nachweisbar. Von Ausnahmen abgesehen, ergibt sich auch bei der Beschäftigung ein Nullsummenspiel: Statt Zuzügen von Unternehmen dominieren Umzüge.
Es ist eine Chimäre zu glauben, mit dem Bau der Autobahn siedeln sich externe Unternehmen an. In den autobahnerschlossenen Regionen werden die Unternehmen und Beschäftigten stattdessen einem verstärkten Wettbewerb ausgesetzt, von dem starke Unternehmen profitieren können, schwache aber in ihrer Existenz bedroht werden.
Wachstum muss aus der Region kommen, nicht in die Region.

F.: Sie verweisen auf Studien der vergangenen zwei Jahrzehnte, die Ihre Ergebnisse mehrheitlich stützen. Worauf gründen die politischen Entscheidungen für einen weiteren Ausbau des Autobahnnetzes in Deutschland?

Da werden einige hundert Millionen Euro investiert, mit sehr hohen kurzfristigen Effekten für die örtliche Bauindustrie. Diese Wirkung ist unbestritten.
Hinsichtlich der Langfrist-Effekte geht es aber auch um einen Placebo-Effekt. Die IHKs fordern: "Tut was für uns". Und die Politik weiß keinen anderen Rat, als in die Straßeninfrastruktur zu investieren, um wirtschaftliche Probleme in den Regionen zu lösen. Irgendwann ist die Autobahn fertig, doch die meisten Strukturprobleme hat man dadurch nicht behoben. Die Politiker brauchen sich aber zumindest nicht mehr vorwerfen zu lassen, untätig gewesen zu sein.

Donnerstag, 8. Mai 2014

Jetzt amtlich: B4 günstiger als A39

Der dreispurige Ausbau der B4 zwischen Lüneburg und Gifhorn mit Ortsumgehungen würde die Steuerzahler mit 248 Millionen Euro nicht mal ein Viertel des Betrages kosten, den der entsprechende Neubau der Autobahn A39 verschlingen würde. Das geht aus der Liste der Projekte für den Bundesverkehrswegeplan hervor, die die Straßenbauverwaltung des Landes Niedersachsen jetzt veröffentlicht hat.
Die Zahlen sprechen für sich. Der dreispurige Ausbau der B4 zwischen Lüneburg und Gifhorn mit Ortsumgehungen würde die Steuerzahler nur ein Viertel des Betrages kosten, den der entsprechende Neubau der Autobahn A39 verschlingen würde. Während sie den Neubau der Autobahn mit 1.082 Millionen Euro veranschlagt, setzt sie für den Ausbau der B4 mit Ortsumgehungen lediglich 248 Millionen an.
Das ist in vieler Hinsicht eine gute Nachricht. Zum einen ergibt sich für Orte entlang der B4 wie Melbeck, Jelmstorf oder Sprakensehl erstmals die Chance auf nachhaltige Verkehrsentlastung. Denn auch wenn die Autobahn gebaut würde, bliebe die Verkehrsbelastung auf der B4 hoch. Zwischen Melbeck und Bienenbüttel etwa würden nach den Prognosen der Straßenbaubehörde auch in diesem Fall im Jahr 2025 täglich ca. 15.000 Kfz über die B4 rollen – das entspricht exakt der Zahl, die die Bundesanstalt für Straßenwesen bei ihrer Verkehrszählung 2010 dort ermittelt hat. Sollten Niedersachsen und der Bund alternativ zur A39 dem Ausbau der B4 den Vorzug geben, würden Ortsumgehungen die Lebensqualität der Orte steigern.
Für die B4 als Alternative zur A39 sprechen zudem der geringere Umweltverbrauch und der regionale Nutzen. Anders als die Autobahn würde der Ausbau der B4 nicht vorrangig auf den Transit mit seinen erheblichen Folgekosten für die Region zielen, sondern unmittelbar den hier lebenden Menschen und Betrieben zugute kommen.
Trotz alledem hält der niedersächsische Verkehrsminister Lies an dem Autobahnprojekt A39 unbeirrt fest. Die Kosten scheinen für ihn keine Rolle zu spielen. Für sie muss der Steuerzahler aufkommen. Statt die interessanten Ergebnisse der B4-Prognose der Öffentlichkeit zu erläutern, sprach Lies bei seiner Pressekonferenz am 5. Mai lieber darüber, wie er die Öffentlichkeit im Jahr 2015 an den Verkehrsplanungen zu „beteiligen“ gedenkt. Viele Verbände haben bereits heftig kritisiert, dass von echter Beteiligung dabei keine Rede sein kann. Wenn die niedersächsische Regierung mit ihren Überlegungen fertig ist, welche Projekte sie verwirklicht sehen will, wird der Bürger darüber informiert und darf Kommentare abgeben. Sie werden in aller Regel folgenlos bleiben, da, wie der Verkehrsminister betont, durch Bürgerbeteiligung keine Projekte mehr verhindert werden sollen. Er wünscht sich vielmehr, dass sich Befürworter der Regierungsprojekte eifriger zu Wort melden.
Viele Verbände haben diese sogenannte „Bürgerbeteiligung“ der Landesregierung bereits als Farce und Alibiveranstaltung kritisiert, etwa in der gemeinsamen Erklärung der Bürgerinitiativen gegen die A39, die A20, die A33-Nord und die E233. Der Dachverband „Keine A39“ fordert die niedersächsische Landesregierung auf, den Mut aufzubringen, sich offen mit den Bürgern und ihren Sachargumenten auseinanderzusetzen. Der Ausbau der B4 ist die bessere Lösung für Mensch und Natur und kostet nur ein Viertel des Neubaus der A 39. Quelle: Dachverband KEINE! A39

BUND sieht groteskes Ablenkungsmanöver

Die Kreisgruppe Gifhorn des Bunds für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) ist der Meinung, dass die A39 nach den vorliegenden Aussagen der Politiker, die in den letzten Jahren für Verkehrspolitik auf Landes- und Bundesebene zuständig waren, nicht gebaut werden kann.
In einer Stellungnahme legte der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) heute dar, dass seit Erstellung des letzten Bundesverkehrswegeplans (BVWP) 2003 jede Bundesregierung betont habe, dass die Erhaltung von Straßen vor den Neubau ginge und dass beim Neubau Wasserwege und Bahnlinien Vorrang hätten. Diese zukunftsfähige Mobilität, so die Regierungen, erfordere der Klimaschutz.
Tatsächlich schrieb die rot-grüne Landesregierung in die in Bezug auf Autobahnen im Koalitionsvertrag: „Bei der Realisierung sind in den nächsten Jahren folgende Prioritäten zu setzen: höchster Verkehrsnutzen bei möglichst geringer Belastung von Mensch und Tier, Erhalt vor Neubau, optimierte Nutzung vorhandener Kapazitäten“

Die zahlreichen Bürgerinitiativen entlang der geplanten A39 drängten die Landesregierung, sich an die Koalitionsvereinbarungen zu halten. Die SPD stimmte schließlich der Forderung der Grünen zu, die aufgewertete B4 mit dreistreifigem Ausbau und Ortsumfahrungen als Alternative für den Bundesverkehrswegeplan anzumelden. Die Kosten für ihren Ausbau wurden errechnet.
"Das Ergebnis war eindeutig", so Eva Gresky, Stellvertretende Vorsitzende der BUND-Kreisgruppe Gifhorn. "Die Baukosten für den dreistreifigen Ausbau der B4 mit Ortsumgehungen betragen etwa ein Viertel der Summe, die für den Bau der A39 aufgewandt werden müsste. Die entlastende Wirkung für die lärmgeplagten Anwohner der B4 käme durch Ortsumgehungen zuverlässig und schnell. Auch die Zerstörung wertvoller, großer Naturräume und FFH-Biotope fände nicht statt."
Nach den vorher festgelegten Richtlinien der Politik, so die Schlussfolgerung Greskys, könne diese Autobahn nicht gebaut werden.
"Warum will die Politik es trotzdem durchsetzen? Warum weist die IHK wieder auf ihr anerkanntermaßen lächerliches Wirtschaftsgutachten hin?"
Das Argument, dass die A39 wirtschaftlichen Aufschwung bringe, sei schon mehrfach durch die Forschungsergebnisse anerkannter Wissenschaftler wie Professor Pez aus Lüneburg und Professor Gather aus Erfurt widerlegt worden. Wissenschaftliche Untersuchungen, die diesen Experten widersprechen, gebe es nicht. Diesbezügliche Anfragen der BUND-Kreisgruppe bei der Landesregierung blieben unbeantwortet.
"Trotz dieser eindeutigen Sachlage will die Landesregierung das Großprojekt A39 unbedingt durchsetzen. Minister Lies behauptet konsequent weiter, dass es wirtschaftliche Vorteile gebe, ohne irgendeine ernsthafte Begründung dafür anführen zu können." Er fordere sogar, so die Gresky weiter, dass sich Autobahnbefürworter in der Öffentlichkeit zu ihrer Meinung bekennen sollen.
"Nun verkündete Minister Lies Bürgerbeteiligung. Jeder kann sich per Internet eine Meinung über eine Kriterienliste bilden, nach der die Landesregierung Prioritäten für zu bauende Bundesfernstraßen festlegt." Auf der Website werde aber schon betont, dass die A39 als netzrelevantes Vorhaben besonders wichtig sei. "Die geäußerten Meinungen können irgendwie in den politischen Entscheidungsprozess einfließen. Genaueres darüber zu erfahren ist nicht möglich, überprüfen kann man gar nichts", moniert Eva Gresky.
Dies, so die BUND-Kreisgruppe, sei ein groteskes Ablenkungsmanöver von dem, was eigentlich nach dem politischen Programm der Koalition getan werden müsste. Man könne von Bürgerbetrug durch Scheinbeteiligung sprechen. Quelle: BUND