Zerschneidung

Ein­hun­dert­zehn Hekt­ar Na­tur und land­wirt­schaft­li­cher Bo­den wer­den in Deutsch­land je­den Tag be­to­niert, asphal­tiert und be­baut – ei­ne Flä­che, auf der zwei Bau­ern­hö­fe be­trie­ben wer­den könn­ten. 110 Hekt­ar – je­den Tag.
Au­to­bah­nen ha­ben aber nicht al­lein da­durch ne­ga­ti­ve Aus­wir­kun­gen auf die Um­welt, dass sie Flä­chen ver­brau­chen, die für an­de­re Nut­zun­gen dann nicht mehr zur Ver­fü­gung ste­hen.

Die „grü­ne Lun­ge“

Un­ver­hält­nis­mä­ßig gro­ße Ver­kehrs­an­la­gen zer­schnei­den auch ehe­mals in­tak­te Ökosysteme und set­zen den Wert des ge­sam­ten be­trof­fe­nen Ge­biets für an­de­re Nut­zun­gen, etwa Woh­nen, Er­ho­len und Land-​ und Forst­wirt­schaft, her­ab. Zu­sam­men­hän­gen­de, un­zer­schnit­te­ne und ver­kehrs­ar­me Land­schafts­räu­me spie­len für den Schutz der Le­bens­grund­la­gen ei­ner Viel­falt von Tier-​ und Pflan­zen­ar­ten ei­ne wich­ti­ge Rol­le. Dies gilt um­so mehr für Ar­ten, de­ren Le­bens­raum sich über gro­ße Flä­chen er­streckt, insbesondere Greif­vö­gel und Rot­wild. Aber auch der Mensch pro­fi­tiert von ver­kehr­lich we­nig ge­nutz­ten Flä­chen, stel­len sie doch die „grü­ne Lun­ge“dar und tra­gen so­mit zur Luft­rein­hal­tung selbst in wei­ter ent­fern­ten Städ­ten und Bal­lungs­ge­bie­ten bei.

Ge­sichts­lo­se Au­to­bahn

Ne­ben dem Ver­lust von Flä­chen tre­ten Be­ein­träch­ti­gun­gen der äs­the­ti­schen Qua­li­tät durch ei­ne ge­sichts­lo­se Au­to­bahn, viel be­fah­re­ne Zu­brin­ger­stra­ßen durch Or­te wie Kirch­gel­ler­sen, Ame­ling­hau­sen, Ro­sche oder Bro­me und gi­gan­ti­sche Kreu­zungs­be­rei­che ein. Vornehmlich in Be­rei­chen von Au­to­bahn­kreu­zen oder Kreu­zun­gen mit Bun­des­stra­ßen (wie das im Raum Bo­den­teich ge­plan­te Kreuz der A 39 mit der vier­spu­ri­gen Bun­des­stra­ße B 190n) ist der Flä­chen­ver­brauch durch gro­ße Kur­ven­ra­di­en enorm.

Autobahnen sind trennende Trassen

Über vie­le Jahr­hun­der­te wa­ren Stra­ßen in ers­ter Li­nie Ver­bin­dun­gen und dien­ten der Kom­mu­ni­ka­ti­on. An Bun­des-​, Lan­des-​ und Kreis­stra­ßen ist das auch heu­te noch so. Au­to­bah­nen da­ge­gen sind tren­nen­de Tras­sen, de­ren Überquerung für Mensch und Tier le­bens­ge­fähr­lich wä­re. Wäh­rend der Mensch sich durch den „Kunst­griff Brü­cke“be­hel­fen kann, en­det für die Tier­welt der Le­bens­raum an der Leit­plan­ke...
Der An­teil un­zer­schnit­te­ner, ver­kehrs­ar­mer Räu­me in der Größe von mehr als 100 Qua­drat­ki­lo­me­tern be­trug 1977 im frü­he­ren Bun­des­ge­biet noch 22,6 Pro­zent. Heu­te ma­chen die­se Räu­me dort nur noch ei­nen An­teil von 14,3 Pro­zent aus. Ins­be­son­de­re in Bal­lungs­ge­bie­ten, aber auch ent­lang von Ver­kehrs­kor­ri­do­ren, wie Au­to­bah­nen, sind Flä­chen stark zer­schnit­ten und in klei­ne In­seln un­ter­teilt. Die gro­ßen un­zer­schnit­te­nen Land­schaf­ten der Ost-​ und Süd­hei­de sind aber der wich­tigs­te „Roh­stoff“für den sanf­ten Tou­ris­mus in der Lü­ne­bur­ger Hei­de. Die Zer­schnei­dung un­se­rer Re­gi­on wür­de die­sem Wirt­schafts­zweig die ent­schei­den­de Grund­la­ge neh­men. Und da­mit wä­re dann der Ge­dan­ke der Au­to­bahn­be­für­wor­ter, die wirt­schaft­li­che Ent­wick­lung un­se­rer Re­gi­on zu för­dern, ad ab­sur­dum ge­führt.


Erreichbarkeit der Autobahn in Deutschland im Vergleich der Jahre 1950 und 2000 (minimale Luftlinienentfernung zum nächsten Autobahn-AS berechnet auf eine Rasterzellengröße 1x1 km)


Quick-Info
  • die A 39 zer­stört lang­fris­tig ge­plan­te und fort­zu­schrei­ben­de Ent­wick­lungs­per­spek­ti­ven der Ge­mein­den: Aus­rich­tung auf den Er­ho­lungs­wert, Aus­schrei­bung neu­er Wohn­ge­bie­te, At­trak­ti­vi­tät länd­li­chen Woh­nens
  • die A 39 zer­schnei­det ge­wach­se­ne Sied­lungs­struk­tu­ren mit ih­ren so­zia­len und kul­tu­rel­len Ver­net­zun­gen und trennt die Men­schen von­ein­an­der
  • die A 39 zer­stört das Ver­trau­en der Men­schen, die mit den be­son­de­ren Fak­to­ren länd­li­chen Le­bens wie Ru­he und sau­be­re Luft an­ge­wor­ben wur­den, in den Er­werb von Grund­stü­cken und Ei­gen­hei­men zu in­ves­tie­ren, und da­bei Schul­den auf sich ge­nom­men ha­ben